«Schweinegripp» ist kein schweizerdeutsches Wort

Mit H1N1 kommt nicht nur die Virusangst in die Schweiz sondern auch ein deutsches Wort ins Schweizerdeutsche: «Z Schwein». Oder wie erklärt man sich das? Zeigt man auf ein paar Schweine und fragt einen Deutschsschweizer, was er da sieht, sagt er «a paar schwii» oder «es paar soue» und nicht «a paar schweine». Der Plural auf -e existiert in dieser Form nicht einmal.

In Züritüütsch sieht man das besser («d schuä», «d tramliniä», «d bürger und bürgerinnä») — wenn, dann müsste «schweine» ein Plural auf kurzes -ä (Züritüütsch) bzw. in Khûrertütsch auf kurzes -a oder -e werden.

Das -ä ist übrigens auch nicht ganz korrekt, aber ich beherrsche die Dieth-Schrift nicht und habe keine Ahnung, was für einen Accent dieses kurze ä eigentlich bräuchte. ê? è?

Nun denn. Eine Anatomie des Wortes «schwii»:

schwii (n.) (pl. schwii): Vierbeiniges rundes rosa Ding mit kurzem Rüssel. Frisst alles mögliche.

Warum heisst es nun plötzlich «d schweinegripp»? Ich habe keine Erklärung. Das muss doch wehtun, so ein Wort herauszuquetschen?

Ich boykottiere dieses Wort und bleibe beim Konstrukt «d schwiigrippa». Da sind wenigstens die Einzelteile richtig.

5 Antworten auf „«Schweinegripp» ist kein schweizerdeutsches Wort“

  1. Ach wie sprichst du mir damit aus dem Herzen!

    Ich sage «Säuligripp», weil das Wort durch die Verkleinerung erstens herziger wird und ich mich zweitens darum herum manövrieren kann, dass ich nicht sicher bin, ob man in Züri «Sau» oder «Sou» sagt.

    Ebenfalls in diese Kategorie gehört: «Löwenplatz». Auf dieser Mission bin ich schon seit 15 Jahren: das heisst «Leueplatz»! «Löwen» gibt es nicht! «Leuestraass», «Leueplatz», etc! In einer Stadt, die den Leu sogar im Wappen hat, ist das eigentlich unverzeihlich.

    Mein Lieblingstramfahrer war der, der im 15i jeweils sagte: «Ruedi Bruun Brugg». Lokalkolorit ist doch toll für die Touristen.

    Die «Schweinegripp» ist bei uns (SR DRS) übrigens offizielles Diktum. Wir sagen das so auf Weisung. Wohl, weil es sich schon so eingebürgert hat und weil es dialektunabhängig ist. Manchmal werden halt neue Wörter erfunden.

  2. Das mit dem Löwenplatz schmerzt glaub ich so einige Zürcher, hab ich auch schon gehört. Trotzdem sagen die meisten «Löwestrass». Für das dunkle A in «strass» gibt es übrigens auch eine Schreibweise in dier Dieth-Schrift, aber ich weiss nicht, welche das ist. Darüber schreib ich auch mal was, nämlich dass die einfache Schrift der Deutschen für die Laute des Schweizerdeutschen vieeeeel zu wenig differenziert. Die kennen z.B. nur das helle A.

    A propos öffentlicher Verkehr: Nimm mal den Bus von Bassersdorf nach Winterthur. Da gibt es eine Station namens «Nürensdorf, Chrüzstrass». Die digitalisierte Frauenstimme im Bus-PC sagt tatsächlich, in schönstem Hochdeutsch «Chrüüühzstrass.» Also schweizerdeutsche Begriffe, von einer Schweizerin ausgesprochen, aber im Stil eines Hochdeutsch-Sprechers und trotzdem mit helvetistischen Zügen. z.B. das R, das bei uns nie (wie im Deutschen und im Dänischen) zu einem A oder E wird («Eier» spricht ein Deutscher «Eia», ein Schweizer in Schriftdeutsch aber «Eierrrr»). Das nur, falls Deutsche mitlesen 😉

    Da wär mir Lokalkolorit und der Chaffeur am Mikrofon lieber. Auch wenn jetzt z.B. ein Basler den Bus steuert 🙂

    Und wegen Weisung: Pfui, SR DRS. Pfui. Ist doch egal ob «sou» oder «sau» oder «schwii», wenn schon Dialekt gesprochen wird…

    Klar sind Sprachen etwas Lebendiges, aber ganze Wörter neu aus dem deutschen zu übernehmen, obwohl es schon existierende (und andere) Wörter im Schweizerdeutsch gibt, ist doch doof?

    z.B. hiess es früher Tramstation. Heute heisst es Tramhaltestelle. Ich höre «Gehsteig» statt «Trottoir». Auch darüber müsste man bloggen 🙂

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